August 11, 2007   

Denkweise des freien Marktes nicht anwendbar

In einer Welt mit links und rechts sollten Libertäre schön irgendwo dazwischen passen oder--noch besser--in eine weder in das eine noch in das andere Lager. Aber trotzdem neigen Libertäre dazu, sich politisch eher mit der Rechten als mit der Linken zu identifizieren. Wie kommt es dazu?
     Vielleicht ist es das übliche Gerede der Rechten von der freien Marktwirtschaft und vom Recht, mit seinem eigenen Einkommen tun zu können, was man will, das attraktiv wirkt, während der Eifer der Linken zu regulieren, besteuern, verbieten und sauer verdientes Einkommen umzuverteilen eher Furcht erregend ist. Aber gleichzeitig sind es die Rechten, die danach streben, gewisse moralische Grundsätze, Lebensstile und soziale Interaktionen zu regulieren, besteuern und verbieten--während die Linken eher eine Laissez-faire-Einstellung haben, was das Privatleben betrifft. Kein Lager scheint politisch oder moralisch viel Sinn zu machen.
     Tendenziell denke ich, dass Libertäre aufgrund einer Jahrzehnte alten Allianz zur Ausbalancierung der sehr erfolgreichen linken Propaganda und des politischen Einflusses während des 20. Jahrhunderts „fühlen“, dass sie zur Rechten gehören. Viele Libertäre, mich inbegriffen, sind dadurch politisch mit Rechten aufgewachsen, sogar in rechten Vereinen und Parteien, und dies schaffte ein Gefühl der Loyalität mit der Rechten. Einige meiner radikalen libertären Freunden waren einst Mitglieder in „rechten“ Organisationen und sie ziehen noch immer in Betracht, die konservative Partei zu wählen, obwohl sie in der Tat mit ihrem Parteiprogramm oder ihrer Philosophie nichts gemeinsam haben.
     Diese gemeinsame Geschichte von Rechten und Libertären ist interessant, aber ich glaube nicht, dass sie ausrechend erklärt, warum Libertäre glauben, dass sie „Rechte“ und nicht „Linke“ sind (obwohl sie in der Tat vielleicht keines von beidem sein sollten--zumindest was die Parteipolitik betrifft). Die Gründe für die Allianz mit der Rechten sind auch, wie ich glaube, scheinbare Gemeinsamkeiten in der Verwendung von Sprache, vor allem was das ökonomische Verständnis des Markts betrifft.
     Aber diese Gemeinsamkeiten sind eine Illusion. Ja, die „Rechte“ spricht vom freien Markt und der Notwendigkeit der Deregulierung und der Bereitstellung von günstigen Konditionen für eine starke und gesunde unternehmerische Gesellschaft. Sie sprechen von freimarktwirtschaftlicher Ökonomie und benützen freimarktwirtschaftliche Logik während sie argumentieren, dass tiefe Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen keine Probleme sind--schliesslich wählen die Leute solche Jobs freiwillig.
     So weit sind die Sprache und die Argumente auffallend ähnlich (wenn nicht die selben) wie jene, die viele Libertäre benutzen. Ich habe viele Libertäre gehört, die Konservativen und anderen rechten Politikern in wirtschaftlichen Fragen beistimmen--indem sie sich gegen die „Linke“ zusammenschliessen. Ich behaupte auch, dass tiefe Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen nicht unbedingt problematisch sind--im freien Markt. Die Wortwahl ist dieselbe, aber das Argument ist ein ganz anderes.
     Diese kleinen Worte, im freien Markt, sind äusserst wichtig, weil ohne sie das Argument versagt und komplett falsch ist. Kann es wirklich „freiwillig“ sein, lediglich zwischen beschissenen Jobs in einer regulierten Wirtschaft zu wählen, wo die meisten Arbeitsmöglichkeiten unverfügbar gemacht wurden und ein Job notwendig ist, um monetäres Einkommen zuschaffen, um Steuern zu zahlen? Ich denke nicht. Auch wenn man die Wahlen selber trifft, kann es nicht als freiwillig bezeichnet werden, die Wahl des geringsten Übels von den verbleibenden Optionen innerhalb der erstickenden Rahmenbedingungen von Zwangsmassnahmen zu treffen.
     Natürlich ist die Wahl selber freiwillig und in diesem Sinne scheint die rationalistische Logik anwendbar zu sein. Aber die Wahl wird trotzdem in einem Umfeld getroffen, wo die meisten Wahlmöglichkeiten zwangsweise beseitigt wurden und der Wählende eingeengt ist, jene Wahlen zu treffen, die er oder sie in einem freien Markt treffen sollte. Es ist, also ob man sagen würde, dass man Redefreiheit hat--man darf einfach nicht über X, Z, Z oder A, B, C, D, E, F, G, H, I, J und K sprechen. Das ist keine Redefreiheit--es ist regulierte Rede und was man zu sagen wählt, hängt notwendigerweise davon ab, was man nicht sagen darf.
     Freimarktwirtschaftliche Argumente sind in der realen Welt, wie sie ist, schlichtweg nicht anwendbar. Sie sind lediglich anwendbar als Argumente für die überlegenen Funktionen und Mechanismen des freien Markts. Und der freie Markt ist der hohe Standard, an dem die reale Wirtschaft gemessen werden kann und sollte--um die Inneffizienzen und Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und um eine hervorragende Alternative anzubieten. Man kann jedoch die zwei nicht vermischen; freimarktwirtschaftliche Logik zu verwenden, um für tiefe Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen im heutigen Wirtschaftszustand zu argumentieren ist schlichtweg falsch.
     Die freimarktwirtschaftliche Denkweise ist nicht anwendbar auf den unfreien Markt--sie ist eine mächtige Kritik an den heutigen Zuständen. Genauso wie der Libertarismus weder gut zur Rechten noch zur Linken passt, sondern eine mächtige Kritik an beiden ist.


Translation to German by Matt Jenny






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